Annotation
Ouvertüre
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Erster Akt
Erste Szene
er Hof des Staatsgefängnisses. Im Hintergrund das Haupttor und eine hohe Wallmauer, über welche Bäume hervorragen. Im geschlossenen Tor selbst ist eine kleine Pforte, die für einzelne Fußgänger geöffnet wird. Neben dem Tor das Stübchen des Pförtners. Links die Wohngebäude der Gefangenen; alle Fenster haben Gitter, und die mit Nummern bezeichneten Türen sind mit Eisen beschlagen und mit starken Riegeln bewehrt. In der vordersten Kulisse ist die Tür zur Wohnung des Gefangenenwärters. Rechts stehen von einem Geländer eingefaßte Bäume, die neben einem Gartentor den Eingang des Schloßgartens bezeichnen.
(Marzelline plättet Wäsche vor ihrer Tür, neben ihr steht ein Kohlenbecken, in dem sie den Stahl wärmt. Jaquino hält sich bei seinem Stübchen; er öffnet die Tür mehreren Personen, die ihm Pakete übergeben, welche er in sein Stübchen legt.)
Jaquino: (verliebt sich die Hände reibend)
Jetzt, Schätzchen, jetzt sind wir allein,
wir können vertraulich nun plaudern.
Marzelline: (ihre Arbeit fortsetzend)
Es wird wohl nichts Wichtiges sein, ich darf bei der Arbeit nicht zaudern.
Jaquino:
Ein Wörtchen, du Trotzige, du!
Marzelline:
So sprich nur, ich höre ja zu.
Jaquino:
Wenn du mir nicht freundlicher blickest, so bring’ ich kein Wörtchen hervor.
Marzelline:
Wenn du dich nicht in mich schickest, verstopf’ ich mir vollends das Ohr.
So hab’ ich denn nimmermehr Ruh’, so rede, so rede nur zu.
Jaquino:
Ein Weilchen nur höre mir zu, dann laß ich dich wieder in Ruh’. Ich – ich habe –
ich habe zum Weib dich gewählet, verstehst du?
Marzelline:
Das ist ja doch klar.
Jaquino:
Und... und wenn mir dein Jawort nicht fehlet, was meinst du?
Marzelline:
So sind wir ein Paar.
Jaquino:
Wir könnten in wenigen Wochen ...
Marzelline:
Recht schön, du bestimmst schon die Zeit!
Jaquino:
Zum Henker das ewige Pochen!
Da war ich so herrlich im Gang, und immer entwischt mir der Fang!
Marzelline:
So bin ich doch endlich befreit!
Wie macht seine Liebe mir bang, und wie werden die Stunden mir lang.
(Jaquino öffnet die Pforte, nimmt ein Paket ab und legt es in sein Stübchen; unterdessen fährt Marzelline fort.)
Ich weiß, daß der Arme sich quälet, es tut mir so leid auch um ihn!
Fidelio hab’ ich gewählet, ihn lieben ist süßer Gewinn.
Jaquino: (zurückkehrend)
Wo war ich? Sie sieht mich nicht an!
Marzelline:
Da ist er – er fängt wieder an!
Jaquino:
Wann wirst du das Jawort mir geben? Es könnte ja heute noch sein.
Marzelline: (beiseite)
O weh! Er verbittert mein Leben!
(zu Jaquino)
Jetzt, morgen und immer nein, nein!
Jaquino:
Du bist doch wahrhaftig von Stein, kein Wünschen, kein Bitten geht ein.
Marzelline: (für sich)
Ich muß ja so hart mit ihm sein, er hofft bei dem mindesten Schein.
Jaquino:
So wirst du dich nimmer, nimmer bekehren? Was meinst du?
Marzelline:
Du könntest nun geh’n.
Jaquino:
Wie?
Dich anzusehen, willst du mir wehren? Auch das noch?
Marzelline:
So bleibe hier steh’n.
Jaquino:
Du hast mir so oft doch versprochen ...
Marzelline:
Versprochen?
Nein, das geht zu weit!
Jaquino:
Zum Henker das ewige Pochen, Zum henker!
Marzelline:
So bin ich doch endlich befreit! Das ist ein willkommener Klang, es wurde zu Tode mir bang.
Jaquino:
Es ward ihr im Ernste schon bang, wer weiß, ob es mir gelang.
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Marzelline: (allein)
Der arme Jaquino dauert mich beinahe. Kann ich aber ändern? Ich war ihm sonst recht gut, da kam Fidelio in unser Haus und seit der Zeit ist alles in mir und um mich verändert.
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Marzelline:
O wär’ ich schon mit dir vereint,
und dürfte Mann dich nennen!
Ein Mädchen darf ja,
was es meint, zur Hälfte nur bekennen.
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Relationships
composer: | Ludwig van Beethoven (German composer) (in 1814) |
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librettist: | Jean-Nicolas Bouilly |
translator: | Joseph Sonnleithner Georg Friedrich Treitschke |
part of: | Fidelio, op. 72: Akt I (order: 1) |
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