Annotation
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O welche Lust!
Nur hier, nur hier ist Leben.
Sprecht leise, haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick.
(Die Gefangenen entfernen sich in den Garten, Rocco und Leonore nähern sich der Vorderbühne.)
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Leonore:
Nun sprecht, wie ging’s?
Rocco
Recht gut, recht gut;
zusammen rafft’ ich meinen Mut
und trug ihm alles vor,
und sollt’st du’s glauben,
was er zur Antwort mir gab?
Die Heirat und daß du mir hilfst, will er erlauben, noch heute führ’ ich in die Kerker dich hinab.
Leonore:
Noch heute, noch heute?
O welch ein Glück, o welche Wonne!
Rocco:
Ich sehe deine Freude.
Nur noch ein Augenblick,
dann gehen wir schon beide ...
Leonore:
Wohin?
Rocco:
Zu jenem Mann hinab,
dem ich seit vielen Wochen stets weniger zu essen gab.
Leonore:
Ha! Wird er losgesprochen?
Rocco:
O nein!
Leonore:
So sprich!
Rocco:
O nein!
Wir müssen ihn – doch wie? – befrei’n.. Er muß in einer Stunde –
den Finger auf dem Munde –
von uns begraben sein.
Leonore:
So ist er tot?
Rocco:
Noch nicht, noch nicht!
Leonore:
Ist ihn zu töten deine Pflicht?
Rocco:
Nein, guter Junge, zitt’re nicht!
Zum Morden dingt sich Rocco nicht. Der Gouverneur kommt selbst hinab; wir beide graben nur das Grab.
Leonore: (für sich)
Vielleicht das Grab des Gatten graben? Was kann fürchterlicher sein!
Rocco:
Ich darf ihn nicht mit Speise laben;
ihm wird im Grabe besser sein.
Wir müssen gleich zum Werke schreiten;
du mußt mir helfen, mich begleiten;
hart ist des Kerkermeisters Brot.
Leonore:
Ich folge dir, wär’s in den Tod.
Rocco:
In der zerfallenen Zisterne
bereiten wir die Grube leicht;
ich tu’ es, glaube mir, nicht gerne,
auch dir ist schaurig, wie mich deucht.
Leonore:
Ich bin es nur noch nicht gewohnt.
Rocco:
Ich hätte gerne dich verschont, doch wird es mir allein zu schwer, und gar so streng ist unser Herr.
Leonore: (für sich)
O welch ein Schmerz!
Rocco: (für sich)
Mir scheint, er weine.
(laut)
Nein, du bleibst hier, ich geh’ alleine, ich geh’ allein.
Leonore:
O nein, o nein!
Ich muß ihn seh’n, den Armen sehen. Und müßt’ ich selbst zugrundegeh’n!
Beide:
O säumen wir nun länger nicht, wir folgen unserer strengen Pflicht.
(Jaquino und Marzelline atemlos hereinstürzend.)
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Marzelline:
Ach! Vater, eilt!
Rocco:
Was hast du denn?
Jaquino:
Nicht länger weilt!
Rocco:
Was ist geschehen?
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Relationships
composer: | Ludwig van Beethoven (German composer) (in 1814) |
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librettist: | Jean-Nicolas Bouilly |
translator: | Joseph Sonnleithner Georg Friedrich Treitschke |
part of: | Fidelio, op. 72: Akt I (order: 20) |
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